Auf der Suche nach dem Wunderakku

Mehr Reichweite, längere Lebensdauer, schnellere Aufladung – die Wunschliste für neue Akkus liesse sich beliebig fortsetzen. Welche Technologie kommt aber zum Zuge?

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Rüdiger Sellin
17.05.2024

Ob Notebook, Smartphone oder E-Bike – alle nutzen leichte und leistungsfähige Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ionen). Sie besitzen eine hohe Energiedichte, liefern schnell und bedarfsgerecht elektrische Energie und können je nach Akkugrösse und Ladeverfahren innert weniger Stunden wieder voll aufgeladen werden. Allerdings haben sie auch Nachteile, denn Recycling und Haltbarkeit lassen zu wünschen übrig. Auch die Ladeverluste durch Erwärmung werden besonders bei E-Autos nicht gerne erwähnt und betragen je nach Jahreszeit, Ladeart und -ort zwischen 10 und im tiefsten Winter auch mal bis zu 50 Prozent.

Doch wie sieht es bei den E-Bikes aus? Hier sind es weniger das Akkugewicht von etwa 4 bis 5 Kilogramm oder die Speicherkapazität von einigen 100 Ah als die schiere Menge der Akkus, die nach 5 bis 6 Jahren zu entsorgen sind. Bei E-Autos mit Akkupacks von 100 und mehr Ah Kapazität und Akkugewichten von bis zu einer Tonne fällt das Thema deutlich ins Gewicht.

Im Gegensatz zum E-Bike sind die Akkupacks im E-Auto zwar besser geschützt, werden von fast allen Herstellern vortemperiert (Winter) oder gekühlt (Sommer), damit der Akku nicht instabil wird und sogar brennt. Zudem erreicht man mit der Konditionierung eine deutlich höhere Lebensdauer.

In den E-Bikes sind die Akkus deutlich schlechter geschützt – sowohl gegen Kälte oder Hitze als auch gegen Dreck, Staub und Erschütterung. Sie verlieren entsprechend schneller an Kapazität und müssen nach etwa 4 bis 5 Jahren ersetzt werden. Ob E-Bike, E-Roller oder E-Auto: Mehr Reichweite bedeutet mehr Komfort und weniger Stress unterwegs. Und auch das leidige Thema Recycling statt Entsorgung durch Verbrennung könnte endlich gelöst werden. Gesucht wird daher seit Längerem ein «Wunderakku», der alles kann. Zwei Konzepte stechen dabei heraus.

Die Feststoff-Variante 

Mit schnelleren Ladezeiten, einer höheren Energiedichte und mehr Leistung bietet die Feststoffzellenbatterie ähnliche Vorteile wie das SALD-Verfahren. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Lithium-­Ionen-Akkus, bei der die Zellen mit einer ultradünnen Atombeschichtung ummantelt werden, welche den Ionenfluss deutlich erleichtert und damit die Sicherheit und Langlebigkeit verbessert. Dass Feststoffzellenbatterien kommen werden, gilt als gesetzt. Weil die Ladung nicht mehr durch ein flüssiges, sondern ein festes Elektrolyt transportiert wird und der Minuspol, der bis anhin aus Grafit besteht, durch reines, metallisches Lithium ersetzt wird, könnten die Batterien leichter werden und etwa 30 bis 40 Prozent mehr Reichweite bringen. 

Bei den weitverbreiteten Li-Ionen-Batterien bilden sich beim Be- und Entladen nach und nach kleine Metallnadeln auf dem Lithium. Diese können im schlimmsten Fall zu einem Kurzschluss der Batterie führen. Um das zu verhindern, ersetzt man bei der Festkörperbatterie das flüssige Elektrolyt zwischen den Elektroden durch eine dünne Keramikschicht. Die ist nicht brennbar, leitet aber die Li-Ionen und bildet eine mechanische Barriere gegen die Metallnadeln.

Zurzeit wird noch an der Fertigung dieser Zellen geforscht, denn die schützende Keramikschicht muss über lange Zeit stabil bleiben. Mercedes tüftelt schon länger daran, der Mitbewerber BMW will erst Ende des Jahrzehnts erste Serienautos mit Feststoffzellenbatterien auf den Markt bringen, VW vielleicht schon vorher. 

Die Natrium-Ionen-Variante

Der chinesische Akkuzellenproduzent Catl hat 2022 eine Natrium-Ionen-Batterie angekündigt. Der Akku kommt ohne Lithium, Nickel und Kobalt aus und nutzt stattdessen Natrium, ein Alkalimetall. Es ist chemisch eng mit Lithium verwandt, ebenso reaktionsfreudig, aber deutlich einfacher zu recyceln und somit um einiges nachhaltiger als Li-Ionen-Akkus. Ausserdem soll er schneller aufladbar sein und weniger unter Minusgraden leiden.

Natrium ist das sechshäufigste Element der Erdkruste und in Salz enthalten. In Kochsalz beträgt der Natriumanteil 40 Prozent, und 1 Liter Meerwasser enthält 11 Gramm davon. Natrium ist weltweit massenhaft vorhanden, wovon man eine grosse Entlastung für die angespannte Rohstoffsituation erwartet.

Leider sind die Natrium-Ionen-Akkus aufgrund ihrer vergleichsweise tiefen Energiedichte noch zu gross für Personenwagen und erst recht für E-Bikes. Der chinesische Marktführer Catl forscht jedoch mit Hochdruck daran und hat bereits Patente eingereicht, die die Energiedichte der Natrium-Ionen-Batterie um 25 Prozent erhöhen. 

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