Marius Graber,
Redaktor
(marius.graber@velojournal.ch)
News,
Ratgeber,
10.02.2025
Mit dem Kauf ist es nicht getan. Denn ein Velokilometer kostet mehr als man denkt. Darum zeigen wir, was die Alltagsmobilität mit Fahrrad, E-Bike oder Cargobike kostet – und ziehen den Vergleich zu Auto und Roller.
Marius Graber,
Redaktor
(marius.graber@velojournal.ch)
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Ratgeber,
10.02.2025
Um günstig Velo zu fahren, muss man ein Velo viel nutzen und lange behalten. (Foto: Mirjam Graf)
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Umsonst gibts nichts. Auch das Velo- und E-Bike-Fahren nicht. Dann und wann müssen Bremsbeläge oder die Kette ersetzt werden, es gibt eine Reparatur, oder ein Service ist fällig. Dazu kommen die Anschaffungskosten für das Velo, die über die Jahre amortisiert werden müssen.
Ferner gibt es Auslagen für allfällige Diebstahlversicherungen und die benötigte Zusatzausrüstung wie Helm, Korb, Schloss und Kettenöl. Die vielen Faktoren lassen erahnen, dass je nach Nutzung, Fahrzeugtyp und Gebrauchsdauer des Velos unterschiedliche Kosten entstehen können. Eine Aussage für eine durchschnittliche Velonutzung lässt sich dennoch machen. Dabei zeigt sich: Velofahren ist nicht ganz so günstig, wie gemeinhin angenommen wird.
Für die Berechnungen unterscheidet Velojournal Betriebskosten und Kilometerkosten. Die Betriebskosten sind die wiederkehrenden Auslagen für die Velomobilität, nachdem das Velo gekauft worden ist. Das heisst: die Aufwendungen für Reparaturen, Service, Strom, Versicherung und Velozubehör ohne die Anschaffungs- respektive Amortisationskosten.
Diese sind dann in den Kilometerkosten mit abgebildet. Hier verteilen sich alle Kosten auf die jeweils gefahrenen Kilometer. Die Berechnungen gehen von einer Nutzungsdauer eines Fahrrads von zehn Jahren aus. Zudem ist für jeden Velotyp eine durchschnittliche Jahreskilometer-Leistung eingesetzt.
Beim Velo ist diese in der Regel geringer als bei einem schnellen E-Bike. Ebenso eingesetzt sind ein durchschnittlicher Anschaffungspreis und durchschnittliche Servicekosten. Daraus ergeben sich typische Betriebs- und Kilometerkosten für ein Velo, die beiden E-Bike-Klassen und das Cargobike. Dass alle Faktoren im Einzelfall stark variieren können und so zu anderen Betriebs- und Kilometerkosten führen, zeigt sich an den vier Einzelbeispielen.
Die Kosten für ein (unmotorisiertes) Velo sind am geringsten. Nicht nur der Anschaffungspreis ist tiefer, auch die Unterhaltskosten sind günstiger als etwa beim E-Bike. Beim schnellen Elektrovelo fallen die Kilometerkosten etwas höher aus als beim normalen E-Bike: Nicht nur die Anschaffungskosten sind höher, auch beanspruchen die hohen Geschwindigkeiten das Material stärker, was zu höheren Unterhaltskosten führt.
Zudem fallen – wenn auch in geringem Mass – mehr Stromkosten an. Weil mit dem schnellen E-Bike meist auch längere (Pendler-)Strecken gefahren werden, steigen die Kilometerkosten nicht im selben Masse. Noch etwas höhere Kilometerkosten ergeben sich beim Cargobike. Anschaffung und Unterhalt sind teuer, meist werden damit jedoch keine grossen Distanzen zurückgelegt. Während beim Auto die Amortisation den Löwenanteil an den Kilometerkosten ausmacht, schlagen beim Velo die Reparatur- und Servicekosten ähnlich stark zu Buche.
Mit dem Velo ist man am günstigsten unterwegs. Jedoch sind die Kilometerkosten eines günstigen Kleinwagens oder Rollers in den Berechnungen tiefer als jene eines Elektrovelos oder Cargobikes. Und dies, obwohl beim Auto zusätzlich die Kosten für Benzin, Parkplatz, Versicherung und Steuern anfallen.
Die tiefen Kosten pro Kilometer entstehen, weil im Schnitt mit dem Auto viel mehr Kilometer gefahren werden und es auch für längere Strecken eingesetzt werden kann. Bei einem Auto kann man davon ausgehen, dass es pro Jahr durchschnittlich 15'000 Kilometer zurücklegt. So verteilen sich die an sich hohen Fixkosten sehr gut.
Wird mit dem Kleinwagen pro Jahr nur die typische Elektrovelo-Distanz, also rund 2000 Kilometer, gefahren, kommt der Kilometerpreis auf über 3 Franken zu stehen. Gleiches gilt beim Roller: Dessen Kilometerkosten sind tiefer, in der Annahme, dass damit auch längere Strecken zurückgelegt werden und sich die Auslagen auf 3000 Jahreskilometer verteilen. Fährt der Roller nur die typischen Elektrovelo-Distanzen, so liegt der Kilometerpreis nicht bei 45, sondern bei gut 70 Rappen und ist damit höher als bei einem schnellen Elektrovelo.
Der Vergleich zeigt: Das Velo ist nicht per se ein billiges Transportmittel. Die Auslagen für Verschleissteile, Reparatur und Service sind bei Velo und E-Bike die grossen Kostentreiber. Bislang orientierte sich die Entwicklung des Velos sehr stark am sportlichen Einsatz. In der globalen Sichtweise wird es noch immer als Freizeitgerät betrachtet, mit dem nur wenige Kilometer gefahren werden.
Erst allmählich beginnt die Industrie das Velo als Teil der Alltagsmobilität zu verstehen, und wartungsarme Technik wie der Zahnriemenantrieb oder Pneus mit grossem Pannenschutz etabliert sich. Wenn Velo, E-Bike und Cargobikes einen ernsthaften Beitrag zur Alltagsmobilität leisten sollen, ist die Veloindustrie bezüglich wartungsarmer Technik stark gefordert.
Man darf dabei jedoch nicht vergessen, dass das Velo und selbst die schweren Elektrovelos und Cargobikes im technischen Sinne Leichtbaukonstruktionen sind. Es gibt kein anderes Transportmittel, das mit so wenig Eigengewicht solch grosse Massen zu transportieren vermag.
Es gibt jedoch auch kein anderes Fahrzeug, bei dem ein Kilo Zusatzgewicht die Effizienz so stark beeinflusst. Dass es unter dem Diktat des Leichtbaus schwierig ist, wartungsarme Komponenten zu realisieren, versteht sich von selbst. Während bei einem Auto oder einem Roller unerheblich ist, ob eine Bremse zwei oder drei Kilo mehr wiegt, ist dies beim Velo entscheidend.
Um günstig Velo zu fahren, muss man ein Velo, E-Bike oder Cargobike viel benutzen, gut pflegen und es über möglichst viele Jahre behalten. Wie stark wartungsarme Komponenten wie pannenfeste Reifen, Riemenantrieb oder Getriebeschaltung die Rechnung beeinflussen, konnte mit der aktuellen Recherche noch nicht eruiert werden. Klar ist dennoch: je mehr Kilometer gefahren werden, desto grösser sind die Auswirkungen, dass sich die höheren Anschaffungskosten lohnen. Möglichst viele Kilometer zu fahren und auf geringen Verschleiss und eine lange Lebensdauer zu achten, ist beim Velo nicht nur nachhaltig, sondern auch ökonomisch.
Neben den allgemeinen Berechnungen für eine durchschnittliche Fahrradnutzung im Alltag hat Velojournal die Kilometerkosten für vier konkrete Fälle berechnet. Diese zeigen, wie verschieden Kilometer- und Betriebskosten sein können. Martin Senn weiss genau, was seine Velofahrten kosten. Er hat über mehr als dreissig Jahre all seine Ausgaben zum Velo akribisch aufgeschrieben und sie für diesen Artikel zur Verfügung gestellt. Er kommt auf ausserordentlich tiefe Kilometerkosten. Sein Rezept: Er nutzt das Velo über 20 Jahre und hat es so ausgewählt, dass er den Unterhalt komplett selbst machen kann.
«Velofahren ist nicht so günstig, wie gemeinhin angenommen wird.»
Velofahren ist nicht so günstig, wie meist angenommen wird. Doch je mehr Kilometer mit Velo oder E-Bike zurückgelegt werden, desto günstiger wird die Nutzung insgesamt. (Foto: Mirjam Graf)
Carvelo2go, das nationale Cargobike-Sharing-Projekt, verfügt über eine langjährige Auswertung der Kosten. Die Kilometerbeträge sind hoch, weil die Velos über eine kurze Zeit abgeschrieben werden. Zudem sind die Unterhaltskosten für Sharing-Bikes relativ hoch, und die Kosten verteilen sich auf wenige Kilometer Fahrt. Die Kilometerkosten sprechen dafür, dass ein Cargobike besser geteilt respektive bei Bedarf gemietet wird, wenn man nicht regelmässig damit unterwegs ist.
Spannende Resultate ergab die Auswertung der Kosten von Silvan Berger. Er pendelt mit seinem schnellen Speedped-Elektrovelo einen längeren Arbeitsweg und hat in den vergangenen 13 Jahren mehr als 100 000 Kilometer zurückgelegt. Seine Kilometerkosten bleiben unter jenen eines Kleinwagens, obwohl er über all die Jahre mehr als 20 000 Franken für Service und Reparaturen ausgegeben hat. Als Benefit kommen für ihn darüber hinaus noch der ökologische und gesundheitliche Nutzen dazu.
Eine sehr gute Kostenübersicht gibt es bei der Spitex Luzern. Diese hat über 90 Elektrovelos im Einsatz und lässt diese in einem genau definierten Servicekonzept warten, inklusive Sommer- und Winterpneuwechsel, Abhol-, Bring- und Notfalldienst. Die E-Bikes der Spitex sind zwar täglich und bei jedem Wetter unterwegs, fahren auf ihren Touren jedoch keine grossen Distanzen. So sind die Kilometerkosten hoch. Die gleichen Jahreskilometer und dasselbe Servicekonzept kämen jedoch beim Roller und beim Auto viel teurer zu stehen. Bei der Spitex spricht für das Elektrovelo, dass es im Stadtverkehr gut vorwärtskommt, von allen Mitarbeitenden einfach genutzt und überall problemlos parkiert werden kann.
Betriebskosten: ca. 25 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0,30 Fr.
Anschaffungspreis: 1600 Fr.
Kilometer jährlich: 1500 km
Nutzungsdauer: 10 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 130 Fr.
Betriebskosten: ca. 52 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0,50 Fr.
Anschaffungspreis: 3800 Fr.
Kilometer jährlich: 2000 km
Nutzungsdauer: 10 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 210 Fr
Betriebskosten: ca. 79 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0,55 Fr.
Anschaffungspreis: 5000 Fr.
Kilometer jährlich: 2600 km
Nutzungsdauer: 10 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 250 Fr.
Betriebskosten: ca. 57 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0,80 Fr.
Anschaffungspreis: 6800 Fr.
Kilometer jährlich: 1800 km
Nutzungsdauer: 10 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 320 Fr.
Betriebskosten: ca. 67 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0,45 Fr.
Anschaffungspreis: 4995 Fr.
Kilometer jährlich: 3000 km
Nutzungsdauer: 10 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 110 Fr.
Betriebskosten: ca. 443 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0, 44 Fr.
Anschaffungspreis: 15'090 Fr.
Kilometer jährlich: 15 000 km
Nutzungsdauer: 12,5 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 70 Fr.
Betriebskosten: ca. 538 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 0,68 Fr.
Anschaffungspreis: 33'270 Fr.
Kilometer jährlich: 15 000 km
Nutzungsdauer: 12,5 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 90 Fr.
Betriebskosten: ca. 1900 Fr. / Mt.
Kilometerkosten: ca. 5,65 Fr.
Anschaffungspreis: 560'000 Fr.
Kilometer jährlich: 15 000 km
Nutzungsdauer: 12,5 Jahre
Reparatur-/Servicekosten (pro 1000 km): ca. 530 Fr.
Velojournal hat sich bei der Berechnung der Betriebs- und Kilometerkosten an der Berechnungspraxis des TCS zum Ermitteln der Kosten für die verschiedenen Autotypen orientiert, um Kosten mit jenen eines Rollers und eines Autos vergleichen zu können. Mit eingerechnet wurden zum Fahrzeugpreis die Kosten für Reparaturen, Ersatzteile, Service, bei den Elektrovelos auch der Strom zum Laden des Akkus. Dazu Versicherungen sowie ein Betrag für Pflegemittel und Veloausrüstung wie Helm oder Regenschutz.
Für die Werte zu Reparatur- und Servicekosten bei den verschiedenen Velotypen wurden Datensätze aus den Reparatur-Service-Verläufen der Velowerkstatt Velociped in Kriens ausgewertet. Die Reparatur- und Servicearbeiten wurden nach dem gängigen Arbeitswertesystem von 2-Rad-Schweiz zu einem Stundensatz von 128 Franken eingerechnet. Bei den Betriebskosten für einen Roller oder ein Auto rechnet der TCS zusätzlich noch die Kosten für Parkplatz, Steuern und Kapitalverzinsung mit ein.
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