Nichtbeherrschen des Fahrzeugs

Christoph Merkli (Leiter Politik und Recht, Pro Velo Schweiz) beleuchtet in seiner Kolumne Rechtsfragen rund ums Radfahren.

Christoph Merkli

Christoph Merkli, Autor
Ratgeber, 04.02.2021

Mehr als die Hälfte aller Velounfälle sind Alleinunfälle. Über viele von ihnen ist wenig bekannt, weil sie der Polizei oft nicht gemeldet werden. Ein Grund dafür liegt wohl darin, dass allein Verunfallte mit einer Busse wegen «Nichtbeherrschens des Fahrzeugs» bestraft werden können. Da es hierfür keine Ordnungsbusse, sondern eine richterliche Busse gibt, kostet das bald einmal mehrere hundert Franken. Eine Busse scheint besonders ungerecht, wenn der Unfall wegen eines Mangels an der Strasse passiert und dabei keine andere Person betroffen ist.

Das Bundesgericht hat mehrmals entschieden, dass ein Nichtbeherrschen des Fahrzeugs nur dann strafbar ist, wenn es auf einem Fahrfehler beruht. Aber nicht für jeden Fahrfehler kann man verantwortlich gemacht werden. Erst kürzlich hat das Basler Appellationsgericht einen Velofahrer freigesprochen, der bei einer Tramhaltestelle in die Schiene geriet und stürzte. Es hielt in seinem Urteil fest, «dass man auch bei korrekter Beherrschung des Fahrrads wegen einer Tramschiene stürzen kann». Andere denkbare Situationen sind Schlaglöcher, Baustellen, Eis auf der Strasse oder unerwartete Hindernisse. Zudem kann die Behörde von einer Strafe absehen, wenn Schuld und Tatfolgen geringfügig sind. Es kann sich somit lohnen, eine Verurteilung anzufechten. Denn wer stürzt, ist oft schon  hart genug bestraft.

Quellen: «St. Galler Tagblatt», Appellationsgericht BS