Velos statt Erbsen zählen

Der Veloverkehr in der Schweiz nimmt zu. In den Städten steigen Personen vermehrt aufs Fahrrad. In den letzten Jahren stiegen die Frequenzen aber auch auf dem Land. Das zeigen Messungen in der Stadt und auf dem Land.

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Fabian Baumann
29.01.2020

Wie viele Autos auf den Strassen fahren, ist in der Schweiz recht gut bekannt. Die systematische und flächendeckende Erfassung des motorisierten Individualverkehrs ist seit Jahrzehnten Standard. Beim Veloverkehr ist das anders. Wurden vor zwanzig oder dreissig Jahren Fahrräder auf den Strassen gezählt, dann nur punktuell und in der Regel von Auge. Das machte es schwierig, präzise Aussagen zum Veloverkehr zu machen. Wie viele Radfahrerinnen unterwegs sind und welche Strecken sie wählen, war weitgehend unbekannt. Heute präsentiert sich die Situation differenzierter. Schweizweit existieren dutzende Zählstellen, die den Veloverkehr erfassen.

Pionierarbeit bei der automatischen Velozählung leistete die Stiftung Schweiz Mobil, die mit «Veloland Schweiz» ein nationales Routennetz initiiert hat. Das Netz wird von Pro-Velo-Regionalverbänden regelmässig überprüft. «Pro Velo Unterwalden kontrolliert im Auftrag des Kantons Obwalden zweimal jährlich alle Veloland- und Mountainbikeland-Routen von Schweiz Mobil in Obwalden auf ihre korrekte Signalisation sowie den Strassenzustand», sagt Monika Küng. Ähnlich tönt es auf Nachfrage bei Pro Velo Bern oder Zürich.

Schweiz Mobil hat auf ihrem Routennetz bereits 2004 erste Zählstellen installiert. Mittlerweile erfassen aber auch mehr als die Hälfte der Kantone sowie verschiedene grössere Städte den Radverkehr. Das zeigt eine im Oktober 2019 veröffentlichte Studie* der Universität Lausanne. Daniel Baehler, Dimitri Marincek und Patrick Rérat vom Institut für Geografie und Nachhaltigkeit haben sich im Auftrag des Bundesamts für Strassen (Astra) mit der Velozählung in der Schweiz befasst.

Demnach setzen 17 Kantone auf automatische Zählstellen. Zum Einsatz kommen meist Anlagen mit Induktionsschlaufen. Diese erfassen Velos, die über die im Boden eingelassenen Schleifen fahren. Was die Auswertung des städtischen Fahrradverkehrs betrifft, nehmen es Basel-Stadt, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich am genausten. Zürich verfügt gar über mehr als 30 Zählstellen auf Stadtgebiet. Überraschenderweise gibt es in der Velostadt Winterthur hingegen nur gerade eine einzige Zählstelle.

Wo die Daten gesammelt werden

Bei Schweiz Mobil laufen alle Fäden zusammen. Die Stiftung betreibt eine nationale Datenzentrale, in welche die Messungen der Städte und Kanton einfliessen. «Im städtischen Raum ist in den letzten Jahren eine starke Zunahme des Veloverkehrs zu beobachten. Im ländlichen Raum hat der Veloverkehr ebenfalls zugenommen. Die Zunahme ist aber weniger deutlich als im städtischen Raum», steht im jüngsten Bericht von Schweiz Mobil zu lesen.

Die Unterscheidung von städtischem und ländlichem Raum sei wichtig, heisst es weiter im Bericht. Denn im städtischen Raum überwiege der Alltagsverkehr. Velos würden vorwiegend für den Arbeits- oder Schulweg und zum Einkaufen verwendet. Im ländlichen Raum stehe der Freizeitverkehr im Vordergrund.


Die Forscher der Universität Lausanne bestätigen die Einschätzung von Schweiz Mobil. Baehler, Marincek und Rérat kommen zum Schluss, dass im Untersuchungszeitraum – zwischen 2014 und 2018 – neun von zehn Zählstationen einen Anstieg des Veloverkehrs regis­trierten. Die signifikantesten Veränderungen seien in Basel, Bern und Zürich festgestellt worden, wo im Jahresschnitt teilweise bis zu 1000 Radfahrende mehr pro Tag eine Zählstelle passierten. «Generell zeigen unsere Analysen, dass in den Schweizer Agglomerationen sowohl mittel- als auch kurzfristig ein Anstieg des Radverkehrs zu verzeichnen ist», schreiben die Wissenschaftler.

Wo die meisten Velos fahren

Bern hat sich zum Ziel gesetzt, die Schweizer Velostadt Nummer eins zu werden. Trotz der Velo-Offensive läuft die Bundesstadt Basel aber noch nicht den Rang ab, zumindest nicht, was die an den Zählstellen gemessenen Frequenzen betrifft. 2018 lagen gleich vier der fünf meistfrequentierten Orte in Basel. Spitzenreiter war die Wettsteinbrücke. Im Schnitt überquerten hier täglich rund 7700 Radfahrende den Rhein. Der Höchstwert lag gar bei 13 000 registrierten Fahrten. Im ländlichen Raum lag die Zählstelle Zürich Fischerweg mit durchschnittlich 1160 Velos pro Tag an der Spitze.

 

* Les comptages de vélos dans les agglomérations suisses – 2018, Daniel Baehler, Dimitri Marincek, Patrick Rérat, Université de Lausanne, 2019.