Vom Fachmarkt zum Fachhändler

Seit März ist Thömus mit zwei Filialnetzen an 19 Standorten in der ganzen Schweiz präsent. Damit wird die Firma zu einem Grossplayer im Schweizer Fahrradmarkt. Ein Gespräch mit Thomas Binggeli, dem Kopf dahinter.

Pete Mijnssen ist Chefredaktor des Velojournals.

Pete Mijnssen, Chefredaktor (pete.mijnssen@velojournal.ch)
E-Bike, 15.05.2025

Lesen ohne Abo.

Zahlen Sie nur, was Sie lesen!

Mit tiun erhalten Sie unbeschränkten Zugriff auf alle Velojournal-Premium-Inhalte. Dabei zahlen Sie nur, solange Sie lesen.

  • Alle Premium-Artikel
  • Zugang zum E-Paper
  • Flexibles zahlen

Sie haben bereits ein Velojournal-Abo? Hier einloggen

Kurz vor einer Auslandreise erreichen wir den vielbeschäftigten Thomas «Thömu» Binggeli am Telefon. Die erste brennende Frage, wie der Deal, das Migros-Velogeschäft zu übernehmen, zustande gekommen sei, beantwortet Binggeli so sibyllinisch wie zurückhaltend: «Mit Decathlon wäre das wohl schwieriger geworden.»

Unbestritten ist das positive Echo in der Branche, dass mit Thömus ein Schweizer Player Bike World übernommen hat. Spielte er den «Stauffacher» (frei nach Schiller) und wagte sich an das Abenteuer, 13 Filialen zu übernehmen, zu einem Zeitpunkt, da die Branche mit vollen Lagern und Strukturproblemen kämpft? Binggeli wiegelt ab: Nein, er glaube an den Schweizer Velomarkt und blicke optimistisch in die Zukunft. «Das Velo ist ein gefragtes Fortbewegungsmittel mit einem riesigen Potenzial in Alltag, Sport und Freizeit.» Der «Deal» sei ohne Bankkredite zustande gekommen, es stehe auch keine Investmentgesellschaft im Hintergrund. Hingegen überlege sich die Firma, gelegentlich eine Aktienerhöhung durchzuführen.

«Mit Decathlon wäre das wohl schwieriger geworden.»

Thomas Binggeli

Pragmatiker und Netzwerker

Trotz des schwierigen Umfeldes habe man keine Überlager – und auch keine Bestände von Bike World übernommen. Herausfordernd werde aber  die Zusammenführung der verschiedenen Kundenkulturen sein. «Wir wollen vom Fachmarkt zum Fachhändler werden», sagt Binggeli.

Neben den politischen Rahmenbedingungen – der Berner denkt immer auch in Mobilitätsdimensionen und an die Umsetzung des Veloweggesetzes – beschäftigt ihn zudem der Tourismus. Im Swiss Bike Park in Oberried kommt dies alles zusammen. Dort traf sich die Schweizer Veloszene im letzten Herbst zum zweiten Veloforum, unter anderem mit Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Im Oktober nahm der  Branchenverband Velosuisse – bezeichnenderweise ebenfalls in Oberried – Thömus als 38. Mitglied auf.

Angesprochen auf den Wegzug von Flyer nach Deutschland sagt Binggeli, dass ihn dies «schmerze». Er ist aber auch ein Unternehmer und sagt, dass man mit den Betreibern der Herzroute in Kontakt stehe. Prangt dort bald das Thömus-Logo? So weit will sich Binggeli (noch) nicht festlegen. Gesprächiger wird er beim Thema Publibike, wo er aber «nur Investor» sei und im Verwaltungsrat sitzt. Dort stimme das Bild mit dem «Stauffacher» dann schon eher. Er sei eingesprungen, weil «wir an die letzte Meile glauben». 

Mit Twinner Autofahrende abholen

Im laufenden Jahr will Thömus 10 000 Velos verkaufen, vor allem im E-Bike-, aber auch im Gravel- und Rennradbereich. Noch immer ist Stromer ein wichtiger Partner. Konkurrenziert das eigene schnelle E-Bike Twinner damit nicht den ehemaligem Schweizer Showcase? Immerhin hatte Binggeli 2011 selbst den Stromer lanciert, der so revolutionär war wie Flyer zehn Jahre zuvor.

«Über Probleme, die man nicht beeinflussen kann, soll man sich nicht aufregen.»

Thomas Binggeli

Der Twinner sei ein in der Schweiz produziertes, enorm leistungsstarkes E-Bike, das nun kontinuierlich auf den Markt gebracht werde. Mehrere hundert Exemplare seien bereits im Verkehr. Es ist für ihn ein Gefährt, das als «my Zweitwagen» für den Agglomerationsverkehr konzipiert ist. Binggeli legt Wert darauf, dass wohl niemand ausser Thömus einen Millionenbetrag in die Entwicklung eines innovativen Speed-Pedelecs gesteckt hätte. 

Letzte Frage: Spürt er den Einfluss der aktuellen US-Zollpolitik? «Indirekt: ja», ist die Antwort. Aber: «Über Probleme, die man nicht beeinflussen kann, soll man sich nicht aufregen», sagt Binggeli. Jeder Player müsse «seine Hausaufgaben machen». 

«Thömus Bike World» gibt es in Affoltern am Albis, Au Wädenswil, Baden, Ebikon, Muri bei Bern, Payerne, Pratteln, Romanel-sur-Lausanne, Schlieren, St. Gallen, Volketswil, Winterthur und Zuchwil. 

Die sechs bestehenden «Thömus Factory Stores» befinden sich in Oberried (Hauptsitz), Bern, Kriens, Lenzburg, Schaan/FL und Zürich.