Querspektakel neben der Startbahn

Auf dem Flugplatz Dübendorf findet am 1. und 2. Februar die Radquer-WM statt. Es ist die erste in der Schweiz seit 25 Jahren. Swiss Cycling kann dabei sogar auf einen Weltmeister hoffen.

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Emil Bischofberger
Sport, 29.01.2020

Es ist nicht das Gelände, das sich beim Stickwort Radquer spontan vor dem inneren Auge auftut. Der Sportfan stellt sich eher eine liebliche Hügellandschaft vor, vielleicht am Waldrand, garniert mit ein paar Bauernhöfen am Horizont. Und mittendrin einen Parcours mit munterem Auf und Ab und Schlamm und Kaffee Luz.

Viel weiter entfernt von diesem Radquer-Idyll könnte der Flugplatz Dübendorf nicht sein. Mitten in der Agglomeration gelegen, weit und breit keine Kuhwiesen und Bauernhöfe. Abgesehen von den paar künstlichen Erhebungen zur Abschirmung der Start- und Landepiste ist das Gelände komplett flach – wie das bei einem Flugplatz eben sein soll. Nur: Ein Radquer-Parcours ist das für gewöhnlich genau nicht.

Revival des «Flüüger-Quer»?

Trotzdem gibt der Radquersport in Dübendorf sein Schweizer Comeback auf höchster Ebene. Es waren vor allem logistische Überlegungen, welche die Verantwortlichen von Swiss Cycling nach Dübendorf geführt haben. Vorab war klar: Die Zürcher Agglomeration sollte es sein.

Als die Organisatoren realisierten, wie aufwendig die komplette Absperrung eines offenen Wettkampfgeländes geworden wäre, machte das den Flugplatz noch attraktiver. Zumal hier auch früher schon ein Querrennen ausgetragen wurde: das «Flüüger-Quer».Dafür nahm man Abstriche bei der Attraktivität des Parcours in Kauf. Die einzigen Höhenmeter werden die Athletinnen und Athleten auf den künstlichen Hügeln bewältigen. 

Die Nähe zur Stadt Zürich soll sich vor allem publikumsmässig auszahlen: Mit 20 000 Zuschauer über die zwei Wettkampftage gäben sich die Veranstalter zufrieden. Mit etwas Wetterglück hoffen sie aber auf bis zu 30 000. Sie geben sich vor dem Start zurückhaltend optimistisch. «Im Ticket- Vorverkauf liegen wir über dem Plan», sagt OK-Präsident Markus Pfisterer – ohne konkrete Zahlen zu nennen.

25 Jahre sind vergangen seit der letzten WM im Land; damals wurde das Radsportfest in Eschenbach gefeiert, inklusive des einheimischen Siegers Dieter Runkel. Dass Runkel bis heute der letzte Schweizer Weltmeister geblieben ist, sagt alles aus über die Entwicklung, welche die einst stolze Schweizer Disziplin in dem Vierteljahrhundert erlebt hat.

Auf einen einheimischen Elite-Weltmeister können die Schweizer Fans darum auch heuer nicht hoffen, nicht einmal davon träumen. Einerseits dominieren die Belgier und Niederländer den Quersport nach Belieben. Bei Weltcuprennen schaffen es gewöhnlich höchstens zwei oder drei Exoten, sprich Nicht-Benelux-Fahrer, in die Top 20 der Rangliste. Das liegt andererseits auch daran, dass die grossen hiesigen Talente praktisch ausnahmslos ihr Glück auf dem Mountainbike oder im Strassenradsport versuchen.

21-Jähriger als Medaillenhoffnung

In der Elite ist der Zürcher Unterländer Timon Rüegg (23) der stärkste Fahrer, mit einem 12. Platz als Bestresultat in dieser Saison. Eine ähnliche Leistung könnte an der WM für ein Top-10-Resultat gut sein: Im Gegensatz zum Weltcup werden bei Titelkämpfen die Startplätze restriktiver vergeben, also dürfen auch die dominierenden Nationen mit maximal sieben Athleten antreten. Von einer Medaille zu träumen, wäre für Rüegg aber vermessen. Zumal Gold sowieso schon reserviert ist: für Mathieu van der Poel, das niederländische Radsportphänomen, das in jeder Disziplin, in der es antritt, gewinnt. In Dübendorf will der 25-jährige Titelverteidiger seinen dritten WM-Titel holen.

Die Schweizer Hoffnungen ruhen auf einem 21-jährigen Elektromonteur. Seinen gelernten Beruf hat Kevin Kuhn auf diese Saison hin aufgegeben. Erstmals bestreitet er einen Radquerwinter als Profi. Das hat sich ausbezahlt: Ab Oktober gewann der Zürcher Oberländer drei von vier U-23-Weltcup-Rennen, beim vierten wurde er Zweiter. Als Favorit im U-23-Rennen könnte er am Samstag die WM so richtig lancieren.

 

Foto: ZVG