Simon Joller
Sport,
16.11.2022
Was macht die erste Weltmeisterschaft mit der lockeren Gravelszene? Und was die Szene mit der WM? Velojournal fährt mit im Feld der gestählten Waden.
Simon Joller
Sport,
16.11.2022
Jede, wie sie mag bei der Gravel-WM: Ana Katrina Angelo von den Philippinen mit Eiern als Rennverpflegung. (Foto: Simon Joller)
Das Gravelrad boomt. Dieses Rennvelo, das sich bei Reifen und Übersetzungen am Mountainbike bedient. Wer gravelt, sieht sich als Trendsetter, als Radgeniesser, will nicht Kilometerfresser sein, ist Pedaleur und oft auch Pedaleuse de Charme.
Bei Gravelrennen rund um den Globus wird die Leichtigkeit dieses Radelns zelebriert. Ranglisten? Zweitrangig.
Und jetzt: die erste Gravel-Weltmeisterschaft. Ausgetragen von der UCI, dem internationalen Radsportverband. Wie geht das zusammen? Was passiert, wenn Lifestyle auf Leistungssport trifft?
Eine Frage, auf die ich schon einen Monat vor der WM eine erste Antwort erhalte. Weil die Gravel-WM auch Amateuren offensteht, will ich hin. Das bedeutet: ein Qualifikationsrennen bestehen. Also auf ins Piemont. Tolle Landschaft, steile Wege, steinige Abfahrten.
Ich schlucke Staub, der Schweiss strömt. Noch wenige Meter bis zum Ziel. Der Kampf um die Plätze. Seit Kilometern fahre ich mit Giuliano aus Italien, selbe Kategorie wie ich. Doch jetzt finden wir beide: warum plötzlich gegeneinander nach so langem Miteinander?
Wir rollen Hand in Hand ins Ziel. In derselben Sekunde, nach fast fünf Stunden Wettkampf. Gemeinsamer dritter Rang. Doch die Funktionäre der UCI kramen in den Hundertstelsekunden. Ich war drei schneller. Giuliano darf nicht mit aufs Podest. Immerhin: Wir beide sind unter den ersten 25 Prozent unserer Kategorie und dürfen zur WM.
Leistungsdenken über alles schon beim Qualirennen? Wie wird das erst bei der WM? Das zweite Oktoberwochenende in Vicenza. Die erste Gravel-WM der Geschichte startet in wenigen Minuten. Ein Heer aus stählernen Waden um mich.
Exoten? Freaks? Ja, gibt es unter den 500 Teilnehmenden. Den Amerikaner mit dem quietschbunten Cannondale. Die Philippina mit den gekochten Eiern als Rennverpflegung. Und ganz hinten im Pulk ein paar Teilnehmer mit lockerem Tricot, lockerer Haltung zum Idealgewicht.
Wir schiessen los. Rennsport pur. Kilometer 24 von 139: Zwei aus unserer Gruppe erwischt die Defekthexe. Doch wir anderen sind uns rasch einig: Wir warten. Die beiden schliessen mit zufriedenem Lachen wieder auf. Im Ziel Umarmungen, Strahlen, und für viele: ein Bier – oder zumindest ein Gelato. Geht doch, Lifestyle und Leistungssport.
Doch wie ist das bei den Profis? Sie starten am Tag nach uns Amateuren. Unter ihnen der junge Schweizer Strassenprofi Nils Brun. Ob er etwas spürt vom Gravel-Spirit in diesen Tagen? «Wo sich sonst die Teams abschotten, sind viele von uns gemeinsam in einem Hotel.» Und da gibt es auch einen Austausch? «Das weniger, keiner weiss ja, was ihn erwartet.»
Ein Schuss Abenteuer bleibt auch den Profis erhalten. Nur in Tech-Zonen ist Teamunterstützung und Verpflegung erlaubt. Jeder hat Reparaturmaterial dabei, einige fahren mit Trinkrucksack. Im Ziel strahlt Nils Brun über sein ganzes vom Staub paniertes Gesicht. «Das war cool. So was will ich unbedingt wieder mal machen.»
Weltmeister wird der belgische Strassenprofi Gianni Vermeersch. Bei den Frauen holt sich die Schweizer Mountainbikerin Sina Frei Silber. Und der Geist des Gravelns, abgeschlagen?
Lachlan Morton, ehemaliger Strassenprofi, Aushängeschild der Gravelszene, Vordenker des zurückgestellten Leistungsdenkens, 18. des WM-Rennens, sagt: «Ich glaube nicht, dass die WM eine Bedrohung für die anderen Gravelanlässe ist. Die sind so anders. Es ist doch gut, etwas Neues auszuprobieren und dem eine Chance zu geben.»
Vielleicht zeichnet genau das die Gravelwelt aus: Da geht ganz viel miteinander. Lifestyle genauso wie Leistungsdenken.
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