Lesen, sonst wird’s teuer

Genau wie ein Smartphone kommt auch ein Elektrovelo mit einer Betriebsanleitung daher. Diese sollte man genau durchlesen. Denn wer sich nicht an die darin enthaltenen Vorgaben hält, könnte tief in die Tasche greifen müssen.

Fabian Baumann, Redaktor (fabian.baumann@velojournal.ch)
07.05.2020

Die Gründe für den Siegeszug des Elek­trovelos sind vielfältig. Endlich spielt die Topografie für die Velonutzung keine Rolle mehr, Anstiege sind dank E-Antrieb kein Problem. Pendlerinnen und Pendler wissen die Vorzüge von E-Bikes ebenfalls zu schätzen. Und Familien nutzen das Elektrovelo, um mühelos einen Kinderanhänger zu ziehen. Beim Schwärmen über all die Vorzüge geht eines leicht vergessen: Das Elektrovelo ist ein komplexes elektronisches Gerät. Wer sich eines anschafft, sollte sich damit beschäftigen. Dazu gehört auch, die Betriebsanleitung zu lesen.

Knackpunkt Gesamtgewicht

Velojournal hat verschiedene Anleitungen studiert. Sie enthalten Informationen zum vorgesehenen Einsatzzweck des Elektrovelos. Wird es nicht bestimmungsgemäss verwendet, droht die Garantie zu erlöschen. Das kann bereits der Fall sein, wenn das E-Bike nicht auf der Strasse, sondern im Gelände bewegt wird. Weitere oft in den Handbüchern genannte Ausschlusskriterien für die Herstellergarantie sind die gewerbliche Nutzung eines E-Bikes, die Teilnahme an Wettkämpfen oder das Überschreiten des zulässigen Gesamtgewichts. Dieses berechnet sich typischerweise wie folgt: Gewicht des E-Bikes inklusive Anbauteile und Zuladung plus Körpergewicht inklusive Kleidung und Gepäck (etwa ein Rucksack) der Fahrerin. Wer mit dem E-Bike einen Kinderanhänger ziehen will, muss genau hinschauen. Dazu ein Rechenbeispiel: Angenommen, das zulässige Gesamtgewicht des E-Bikes beträgt 130 Kilo, das E-Bike selbst wiegt 25 Kilo. Der typische Schweizer bringt 85 Kilo auf die Waage, die Durchschnittsschweizerin 64 Kilo. Damit bleiben – wenn der Mann fährt – für den Anhänger inklusive darin sitzender Kinder nur noch 20 Kilo. Wer Kinder hat, weiss: Ein 4- und ein 1-jähriges Kind bringen zusammen rasch mehr Gewicht auf die Waage, als in diesem Rechenbeispiel bleibt. Und das Eigengewicht des Anhängers ist noch nicht einmal berücksichtigt.

Regelmässiger Service ist Pflicht

Genau nehmen sollte man es auch bei Kontrolle, Pflege und Wartung des E-Bikes. Der Schweizer Hersteller Flyer nennt nicht weniger als 13 Punkte, die es vor jeder (!) Fahrt zu kontrollieren gilt – angefangen beim korrekten Sitz der Veloglocke am Lenker bis zum Reifendruck oder dem sicheren Sitz des Akkus. Ebenso detailliert werden in Betriebsanleitungen die Serviceintervalle beschrieben. Das liest sich dann etwa so wie bei Cube: erste Inspektion spätestens nach 200 km oder zwei Monate nach Kauf­datum, nachfolgende Kontrollen alle
2000 km oder mindestens einmal pro Jahr. Zusätzlich müssen Bremsbeläge, Bremsgummis oder Bremsscheiben sowie die Kette alle 400 km auf Verschleiss kontrolliert werden. Die Hersteller empfehlen, solche Inspektionen nicht selber zu erledigen, sondern durch einen Fachhändler ausführen zu lassen. Fazit: Genau wie ein Auto muss ein E-Bike regelmässig in die Werkstatt. Und das mindestens einmal jährlich. Vielfahrerinnen und -fahrer müssen ihr Zweirad – wollen sie die Vorgaben der Hersteller einhalten – sogar öfter zur Inspektion bringen. Dazu ein weiteres Beispiel. Wenn Sie mit dem Elektrovelo jeden Tag 10 km (5 km hin, 5 zurück) zur Arbeit pendeln, müssen Sie, um die Vorgaben von Cube einzuhalten, an Ihrem E-Bike im Zwei­monatsrhythmus Bremsen und Kette kontrollieren.

Vorsicht bei Umbauten

Manche VelobesitzerInnen statten ihre Gefährte gerne individuell aus. Doch Vorsicht: Die Herstellergarantie kann erlöschen, wenn «beim Austausch von Fahrradteilen keine original zertifizierten Teile oder freigegebene Ersatzteile verwendet werden», wie im E-Bike-Betriebshandbuch eines gros­sen Herstellers nachzulesen ist.
Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt sich deshalb vom Fachhändler beraten. Generell die Finger lassen sollte man von Modifikationen und Umbauten der Motoren. Wird die Geschwindigkeit eines Elektrovelos mithilfe von Tuning-Kits verändert, erlischt nicht nur die Garantie, sondern man riskiert bei einem Unfall auch eine Busse sowie Regressforderungen der Versicherung.