Laufvelo oder Bobby Car?

Mit umgekehrter Psychologie den Nachwuchs begeistern. Sorgen Sie mit ein paar Tricks dafür, dass Ihre Kinder das Velo in ihr kleines Herz schliessen.

Dr. V. Love, Velosoph (dr.v.love@velojournal.ch)
VLove, 31.03.2022

Lieber Dr. V. Love

Ich bin ein grosser Velofan und möchte meine Begeisterung meinem Sohn weitergeben. Leider findet er den Bobby-Car des Nachbarjungen am interessantesten, sein neues Laufvelo interessiert ihn nicht. Ich fürchte, so wird er bereits im Kindesalter zum Automobilisten. Wie kann ich gegensteuern?

P. M., Zürich

Lieber Herr Mola

Das tönt, als hätten Sie schon verloren. Allerdings: Ich wäre nicht Dr. V. Love, wüsste ich hier nicht weiter. Mein Rezept geht auf eine frühe, bis heute beschworene Koryphäe unseres Berufsstands zurück. Bereits Hippokrates wusste: «Durch das Ähnliche entsteht die Krankheit, und durch die Anwendung des Ähnlichen wird die Krankheit geheilt.»

Alsdann: Hören Sie auf, gegenüber dem Junior vom Radfahren zu schwärmen, Ihr Carbon-Renner macht ihm eh keinen Eindruck. Gehen Sie in die Offensive. Fight fire with fire! Schenken Sie dem Sohn zum nächsten Geburtstag aber keinen popeligen Bobby-Car, sondern verblüffen Sie ihn mit einem dieser Kinder-Elektro-Ferraris, wie sie sommers jeden italienischen Dorfplatz unsicher machen. Der Kleine wird sich freuen wie Bolle, in diesen
12 Kilo Sondermüll rumzugurken – und er wird der Kinderking des Quartiers sein, glauben Sie mir.

Die scheelen Blicke der (erwachsenen) grünliberalen Nachbarschaft gilt es auszuhalten, für eine Saison oder zwei. Spätestens dann schafft es Ihr Filius nicht mehr, sich mit seinen mittlerweile in die Länge gestreckten Gliedmassen ins Cockpit hineinzufalten, und der Bonsai-E-Ferrari verstaubt im Keller.

«Die scheelen Blicke der (erwachsenen) grünliberalen Nachbarschaft gilt es auszuhalten, für eine Saison oder zwei.»

Es folgt eine kurze Trauerphase, danach scheint das frühe Autoerlebnis vergessen – doch die Saat ist gelegt. Glauben Sie mir: Spätestens als Teenie erinnert sich Ihr Sohn wieder daran, dass sein Vater ihn zum Automobilisten erziehen wollte. Vielleicht findet er den alten Haufen Elektroschrott auf vier Rädern sogar im Kellerabteil, wie er, notdürftig zugedeckt mit einer Plastikplane, zuhinterst auf etwas wartet, das sowieso nie kommt. Ha! Unglaublich! Die Temperaturen steigen, die Gletscher schmelzen, und meinem Alten kam nichts Besseres in den Sinn, als … Was danach folgt, ist klar wie Klossbrühe: Ihr Filius rebelliert, kauft sich ein nachhaltig produziertes Velo, zeigt Ihnen den Stinkefinger – und alles ist gut.

Immer rezeptpflichtig, immer gratis, nie umsonst: Ihr Dr. V.Love