Elektrische Reisen

Bilder eines schwergewichtigen Trips durch die Bergwelt Südamerikas und zwei Ratgeber, die den Weg durch hiesige Sonnenstuben weisen.

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Dres Balmer, Fabian Baumann
Kultur, 10.05.2023

Wenig Saft in den Anden

Im Jahr 2016 reist der Fotograf Luca Zanetti durch Südamerika, vom südlichen Chile hinüber nach Argentinien, dann nordwärts durch Bolivien, Peru, Ecuador und Kolumbien bis Bogotá. Heimgebracht hat er einen prächtigen Fotoband mit ein paar Tagebuchseiten auf Englisch.

Unterwegs begleiten ihn etappenweise mehrere Damen und Herren. Alle Entdecker rollen auf elektrischen Ungetümen mit schief montierten Sätteln, riesigen Sacochen und Anhängern. Jeder Mensch, so steht geschrieben, würgt zusätzlich zum Körpergewicht 110 Kilo Gepäck durch die Landschaft. Der Flugtransport des Materials hierher war schon schwierig, jetzt folgt weiteres Ungemach.

Die Elektriker reisen durch Gegenden, in denen der Strom für die armen Einheimischen Mangelware ist. Wie sollen die Gäste ihr gewaltiges Batterienarsenal laden? Vermeintliche Freiheit wird Abhängigkeit.

Der Untertitel des Buches posaunt, rund 11 000 Kilometer seien in etwa 200 Tagen zurückgelegt worden. Man denkt Potztausend und rechnet ein wenig. Sind die E-Fahrer sagen wir 150 Tage im Sattel, ergibt das einen Tagesschnitt von schlappen 74 Kilometern – viel Strom für wenig Arbeit.

Ohne Zweifel: Zanetti legt einen tollen Bildband vor, und gute Bilder erzählen Geschichten. So ein Bild ist etwa in der Buchmitte, und hier ist die Geschichte dazu: In Peru fährt ein Mann auf einem BMX-Velo, das so umgebaut ist, dass er die Pedale mit seinen Händen dreht, drehen muss, weil er verstümmelte Beine hat. Der Mann ist der stolze und minimalistische Gegensatz zu den Elektro-Gringos am Strassenrand. Er hat die Grösse, ihnen zuzulächeln. Die Gringos lächeln zurück. Wie fühlen die sich? Beim Schauen und Lesen werden die irrwitzigen Verschiebungen der Proportionen zwischen Reich und Arm in vielen Varianten offensichtlich.

Luca Zanetti: E-Bike Diaries. Verlag Simonett & Baer, Basel 2018, 24 Franken

Auf Stollenpneus im Süden

Die Strassenkarten von Hallwag Kümmerly & Frey kennt in der Schweiz fast jede und jeder. Mit «Raus und …» hat der Verlag aber auch eine Buchreihe im Angebot, die sich um Erlebnisse jenseits asphaltierter Wege dreht.

Zwei der Bücher führen in die südlichen Gefilde der Schweiz, ins Wallis und ins Tessin. Die Tourenführer richten sich an Bike-Begeisterte mit und ohne Elektrovelo. «Raus und Mountainbiken, E-Mountainbiken Wallis und Tessin» beschreiben 35 beziehungsweise 26 offizielle Touren auf dem Bikeland-Schweiz-Routennetz, die sich sowohl ohne als auch mit E-Unterstützung fahren lassen.

Detailkarten zeigen den jeweiligen Tourenverlauf. «Zusatzinformationen über besonders für E-Mountainbikes geeignete Touren, Singeltrails sowie zur Erreichbarkeit der Einstiegspunkte machen grosse Vorfreude auf ein unvergessliches Raus-Erlebnis», schreibt der Verlag im Klappentext.

Während sich das Gros der Touren im Tessin auf die südlichste Spitze des Kantons konzentriert, sind die Touren im Wallis über das ganze Kantonsgebiet verteilt. Der «Torrenttrail» etwa führt von der Rinderhütte oberhalb von Leukerbad bis hinunter nach Leuk. «Und das alles auf magischen Walliser Singeltrails», wie es im Buch heisst.

Neben der zuweilen etwas blumigen Beschreibung wurde bei der Gestaltung der zwei Tourenführer Wert auf eine reiche Bebilderung gelegt, damit man sich bereits vor der eigentlichen Befahrung eine gute Vorstellung vom Terrain machen kann.

Raus und Mountainbiken / E-Mountainbiken Tessin. 176 Seiten, Kümmerly & Frey, Bern 2022, 29.90 Franken