Yvonne Ehrensberger
14.09.2022
Vier Jahre Planung, ein vier Kilometer langer Lagerplatz, 30 000 Pfadis und über 5000 Velos. Das Bundeslager glänzte mit Superlativen.
Yvonne Ehrensberger
14.09.2022
Das Pfadi-Bundeslager, das diesen Sommer im Goms durchgeführt wurde, war ein Grossanlass und ein unvergessliches Erlebnis für eine ganze Pfadi-Generation.
Mehr als 500 Personen haben während mehrerer Jahre unentgeltlich dafür gearbeitet, die 25.-grösste Stadt und den am längsten dauernden Outdoor-Event der Schweizer Geschichte auf die Beine zu stellen.
Im Bereich Logistik wirkte ich als Teilbereichsleiterin Velo an diesem Projekt mit – und kann es selbst noch kaum fassen, wie wir im Goms eine Velostadt erschaffen haben.
Schnell wurde in der Planung klar, dass wir mit ein paar Leihvelos nicht weit kommen würden. Das Lagergelände erstreckte sich über vier Kilometer – die Programmplätze waren zum Teil noch weiter entfernt.
Alle Gruppen mussten täglich zur Verpflegungszentrale pilgern, um ihre Lebensmittel abzuholen. Die Rover (Helfenden) waren überall im Einsatz und kehrten für die Mahlzeiten jeweils zurück ins Rovercamp.
Wenn alle diese Wege zu Fuss zurückgelegt würden, wären sie halbtageweise nur am Laufen gewesen. Das Velo musste also her! Damit konnten etliche Zusatzfahrten mit dem Auto vermieden und dank Cargobikes und Veloanhängern essenzielle Transportkapazität geschaffen werden.
«Schnell wurde in der Planung klar, dass wir mit ein paar Leihvelos nicht weit kommen würden.»
Wir organisierten daher in Zusammenarbeit mit den SBB für alle Rover die Logistik für den Versand des eigenen Velos und empfahlen den Pfadi-Gruppen, je zwei Velos mitzunehmen, um mobil zu sein.
Im «Rotadrom» wurden während des BuLA auch viele Velos geflickt. (Foto: Till Böhringer)
Im Velokompetenzzentrum «Rotadrom» wurde alles rund ums Velo abgewickelt. Die Werkstatt mit den wichtigsten Ersatzteilen hatte kaum eine ruhige Minute, platte Reifen waren an der Tagesordnung.
Der Veloverleih mit 150 Leihvelos, 50 Veloanhängern und 15 Cargobikes war jeden Morgen aufs Neue ausgeschossen, und insgesamt wurden über 3000 private Velos für den Versand aus der ganzen Schweiz geordnet und verladen.
Die Planung von geeigneten Velorouten, das Definieren von Regeln und Organisieren von über 4000 Veloabstellplätzen hat sich mehr als gelohnt. So waren mehrere Tausend Velos und Anhänger aller Art ins Goms gelangt, die zum Teil auf kreative Weise im Einsatz waren.
Für den Lageralltag sowie für den Auf- und Abbau war das Velo unverzichtbar. Am Bahnübergang bildete sich regelmässig gefühlt eine Critical Mass (wovon im BuLa sogar eine stattgefunden hat). Niemand wollte aufs Velo verzichten.
Die Hauptlagerleiterin Seraina Schwizer alias Kolibri sagte: «Unsere Velostadt hat sogar die Walliser überzeugt. Der Gemeindepräsident, ein Ur-Walliser und Autofahrer, behauptete am ersten Lagertag noch, dass er mit seiner Autofahrbewilligung überall hinfahren würde. 24 Stunden später war auch er vom Velo begeistert, und sein Auto wurde nicht mehr gesehen.»
Morgenstimmung im Rovercamp. (Foto: Yvonne Ehrensberger)
Das Erfolgsrezept: kurze Wege, tiefe Geschwindigkeiten, nur minimal zugelassener motorisierter Verkehr und gegenseitige Rücksichtnahme. So war es möglich, dass sich auf engem Raum derart viele Leute zu Fuss und auf dem Velo begegneten, ohne dass es je zu schweren Unfällen gekommen wäre.
«Das BuLa hat mir gezeigt, was alles möglich ist.»
Nun gehe ich mit einer grossen Portion Motivation und Begeisterung fürs Velo zurück in den Pro-Velo-Alltag und wünschte mir, ich könnte auch in den «richtigen» Städten so effektiv wirken: Veloabstellplätze planen und gleich eigenhändig aufstellen, dank kurzen Kommunikationswegen unkompliziert und schnell neue Rampen bauen, Wege verbreitern, Signalisationen anpassen und die Leute so ganz selbstverständlich aufs Velo bringen.
Das BuLa hat mir gezeigt, was alles möglich ist. Und ich bin sicher: Dieser Sommer hatte sowohl bei den Pfadis als auch bei den einen oder anderen Walliserinnen und Wallisern einen nachhaltigen Effekt auf die Verkehrsmittelwahl.
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