E-Bike ab 12?

Der Bundesrat hat neue Regeln für Elektrovelos in die Vernehmlassung geschickt. Unter anderem sollen neu bereits Kinder ab 12 Jahren in Begleitung eines Erwachsenen ein langsames E-Bike fahren dürfen.

Fabian Baumann, Redaktor (fabian.baumann@velojournal.ch)
17.11.2023

«Warum soll das 12-jährige Kind nicht mit einem E-Mountainbike mitfahren dürfen?»

 Wenn ich mit meinen Kindern zum YB-Spiel fahre und wir für die 3 Kilometer zum Stadion hoch Publibikes mieten, muss ich dem 13- und 12-Jährigen erklären, dass sie kein Elektrovelo haben dürfen.

Die 15-Jährige und ich hingegen dürfen mit Elektrounterstützung den Aargauerstalden in Bern hinauffahren.

Jedes Mal rege ich mich auf. Denn alle Kinder sind geübte Velofahrerinnen und -fahrer.

 Bald wird diesem Unsinn ein Riegel geschoben. Denn der Bundesrat schlägt vor, dass Kinder ab 12 Jahren in Begleitung einer erwachsenen Person auf einem «langsamen» Elektrovelo fahren dürfen. Pro Velo begrüsst diesen Vorschlag, insbesondere deshalb, weil er das Velo für Kinder attraktiver macht.

 Die offiziellen Zahlen des Bundes zeigen, dass das Velofahren bei Kindern und Jugendlichen abnimmt. Je älter Kinder werden, desto stärker ist dies der Fall. Bei den über 13-Jährigen hat sich die Velonutzung seit 1994 fast halbiert, bei den über 16-Jährigen fährt nur noch ein Drittel Velo.

Im Freizeitbereich boomt das E-Mountainbike. Auch hier werden Eltern Knüppel in die Speichen geworfen, wenn sie mit ihren Kindern eine Tour machen wollen. Warum soll das 12-jährige Kind nicht mit einem E-Mountainbike mitfahren dürfen? In diesem Alter beherrschen Kinder das Velofahren und den Verkehr. Das zeigt nicht nur meine persönliche Erfahrung, das sagen auch die Fachleute.

 

«Kinder sind noch nicht in der Lage, Verkehrssituationen und Gefahren richtig einzuschätzen.»

Eine Herabsetzung des Mindestalters fürs E-Bike-Fahren lehnen wir ab. Wir befürchten, dass dies zulasten der Verkehrssicherheit geht. Kinder sind den höheren Anforderungen beim E-Bike-Fahren noch nicht gewachsen.

Kinder sind noch nicht in der Lage, Verkehrssituationen und Gefahren richtig einzuschätzen und darauf zu reagieren, erst recht nicht auf einem E-Bike, auf dem man in der Regel schneller unterwegs ist als mit dem Velo. Kindern fehlt die Erfahrung im Strassenverkehr. Zudem ist ein E-Bike anspruchsvoller in der Handhabung und schwerer als ein Velo; je jünger das Kind, desto ungünstiger ist das Verhältnis zwischen dem Gewicht des Kindes und jenem des Fahrzeugs.

Obwohl vorgesehen ist, dass eine mindestens 18-jährige Aufsichtsperson die Risiken der Herabsetzung des Mindestalters auffängt, können weder das Alter der Begleitperson noch die geforderte Nahaufsicht und Eingriffsmöglichkeit im Bedarfsfall konsequent überprüft und durchgesetzt werden. Nicht zuletzt könnte die Regelung Eltern dazu verleiten, ihren Kindern E-Bikes zu kaufen, ohne sicherstellen zu können, dass die Kinder damit nicht auch allein unterwegs sind.

Auf dem E-Bike besteht zudem grundsätzlich ein erhöhtes Unfallrisiko, denn das Risiko schwerer Verletzungen nimmt bei höheren Geschwindigkeiten überproportional stark zu. Ferner verlängert sich der Anhalteweg, und es bleibt weniger Zeit, um auf Unerwartetes zu
reagieren.

Neben Pro Velo befürworten unter anderem die folgenden Organisationen, dass Kinder ab 12 Jahren in Begleitung einer erwachsenen Person E-Bikes fahren dürfen: die Grünen, Fussverkehr Schweiz, 2rad Schweiz, Schweizerische Arbeits­gemeinschaft für Berggebiete.Gegen die Anpassung sind: ACS, BfU, Städteverband, SVP, VCS.