Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind noch keine fünf Jahre vergangen. England erholt sich – wie auch der Rest der Welt – von den Kriegswirren. Es gibt Essensmarken, und auf den Strassen sind Autos eine Seltenheit. Im ländlichen Yorkshire nutzen die Menschen das Velo als Alltagsfahrzeug. Radfahren ist aber auch eine beliebte Freizeitaktivität.
Sue (Honor Blackman) und Sam (Patrick Holt) leben in einer fiktiven Stadt nördlich von London. Beide sind Mitglieder des örtlichen Velovereins Wakeford Wheelers. Sie sind ein Paar und auf der Suche nach der ersten eigenen Wohnung.
Einer gemeinsamen Zukunft sollte eigentlich nichts im Wege stehen. Doch in das gemeinsame Glück platzt unverhofft der arrogante David (John McCallum). Als er mit seinem Auto die Clubmitglieder der Wakeford Wheelers bei einer Ausfahrt in den Strassengraben drängt, begegnet er zum ersten Mal Sue. Bald darauf stolpert er bei einer erneuten Begegnung über ihr Velo. Er muss nun für die Reparatur aufkommen.
Die hübsche Sue geht David spätestens jetzt nicht mehr aus dem Kopf. Fortan buhlt er um sie. Um ihr zu imponieren, kauft er sich sogar ein Velo – von zweifelhafter Herkunft, was noch zu Komplikationen führen wird – und wird Mitglied der Wakeford Wheelers.
Derweil bereitet sich Sam mit seinen Kollegen auf ein wichtiges Rennen vor. Sam möchte die Regionalmeisterschaften gewinnen. Der Film zeigt, wie der ganze Verein sich auf eine mehrtägige Reise zum Austragungsort macht. Die Landschaftsaufnahmen aus der Grafschaft Yorkshire der späten Vierzigerjahre gehören dabei zu den Höhepunkten dieses Filmklassikers.
Der Anfang grosser Karrieren
«A Boy, a Girl and a Bike» ist mit populären Schauspielerinnen und Schauspielern der Nachkriegszeit besetzt. Einige wurden später zu Filmstars. Besonders grosser Beliebtheit erfreute sich Honor Blackman. Sie war im James-Bond-Streifen «Goldfinger» (1964) als Pussy Galore zu sehen. Zuvor stand sie als Dr. Catherine Gale in der britischen Fernsehserie «The Avengers» («Mit Schirm, Charme und Melone») John Steed (Patrick Macnee) zur Seite.
Eine andere Frau aus dem hier vorstellten Streifen wurde ebenfalls zur Filmberühmtheit: Diana Dors. Sie galt in England als Legende und Sexsymbol. Besonders Musiker scheinen von ihr angetan gewesen zu sein. Die Beatles verewigten den Star auf dem Wimmelbildumschlag ihres Klassikers «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band», und sie ist auf dem Cover der Compilation «Singles» (1995) der Band The Smiths zu sehen. Die Schauspielerin und Sängerin spielt zwar in «A Boy, a Girl and a Bike» nur eine Nebenrolle. Dennoch schaffte es der Streifen auf die ihr gewidmete DVD-Box-Collection.
Positive soziale Vision
Grossen Einfluss auf den Film «A Boy, a Girl and a Bike» hatte Ted Willis. Der Autor von Romanen, Bühnenstücken und Drehbüchern war an der Drehbuchentwicklung massgeblich beteiligt. Willis engagierte sich seit seiner Jugend in der Politik und war ab 1941 Generalsekretär der englischen Young Communist League. In dieser Funktion hielt er flammende Reden gegen das Nazi-Regime. Nach dem Krieg widmete er sich dem Film.
Mit «A Boy, a Girl and a Bike» wollte er eine positive soziale Vision einer Nachkriegszeit entwerfen, in der Menschen füreinander einstehen und sich gegenseitig unterstützen. Willis wurde 1964 in den Adelsstand erhoben und Mitglied des House of Lords, wo er für die Labour-Partei Einsitz nahm.
A Boy, a Girl and a Bike
GB 1949
Regie: Ralph Smart
Drehbuch: Ted Willis, Ralph Keene, John Sommerfield
ProtagonistInnen: Susie Bates (Honor Blackman), Sam Walters (Patrick Holt), David Howarth (John McCallum), Charlie Ritchie (Anthony Newley), Ada Foster (Diana Dors), Bill Martin (Maurice Denham) und weitere
Bemerkungen: Der Film «A Boy, a Girl and a Bike» ist auf Youtube und als Bestandteil der Diana-Dors-Collection- DVD verfügbar.
Bild: ZVG
