Fabian Baumann,
Redaktor
(fabian.baumann@velojournal.ch)
Schwerpunkt,
20.03.2025
Der Veloverkehr soll bis 2035 verdoppelt werden. Eine aktuelle Studie im Auftrag der Velomedien zeigt, wie durch die Förderung von Bike&Ride in der Schweiz viel Autoverkehr auf Velo und Zug verlagert werden könnte.
Fabian Baumann,
Redaktor
(fabian.baumann@velojournal.ch)
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20.03.2025
Die Niederlande machen es vor: modernes Veloparkhaus am Bahnhof Amsterdam. (Foto: qimby.net)
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Der Veloverkehr in der Schweiz soll in den kommenden Jahren stark wachsen. Das sagt nicht die Velolobby, sondern der Bund. Mit der «Roadmap Velo» avisiert das Bundesamt für Strassen (Astra) bis 2035 eine Verdoppelung der gefahrenen Wege und Kilometer. In Zahlen ausgedrückt: Wurden 2021 hierzulande rund 2,7 Milliarden Velokilometer zurückgelegt, sollen es bis in zehn Jahren deren 5,3 Milliarden Kilometer sein.
Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, wird es eine Vielzahl von Massnahmen brauchen. Eine zentrale ist die Stärkung der Kombination von Velo und ÖV. Bike&Ride heisst das Stichwort, die konsequente Verknüpfung des Bahnnetzes mit einer leistungsfähigen Veloinfrastruktur. Welches Potenzial darin liegt, haben Expertinnen und Experten des Planungs- und Beratungsunternehmens EBP Schweiz AG im Auftrag der Velomedien – der Herausgeberin dieser Zeitschrift sowie der Fachpublikation «Cyclinfo» – untersucht.
Die Schweiz hat ein ausgezeichnetes Bahnnetz. Und 96,8 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer wohnen maximal fünf Kilometer von einem Bahnhof entfernt (siehe Velojournal 3/2022) – eine mittlere Velodistanz. Die Kombination der beiden Verkehrsmittel läge damit auf der Hand: Und doch ist der Bike-and-Ride-Anteil verschwindend klein. Nur gerade 0,3 Prozent der zurückgelegten Wege erfolgen mit der Kombination Velo und Zug.
Die Distanz zum Bahnhof kann also nicht das Problem sein. Liegt es an der Infrastruktur? Die Studie zeigt einen weitgehenden Konsens in der Forschung. Demnach ist eine qualitativ hochwertige Veloinfrastruktur einer von mehreren Treibern für das Umsteigen auf das «Tandem» Velo und Bahn. Dazu gehören neben sicheren, attraktiven und direkten Zubringerrouten auch genügend Veloabstellplätze am Bahnhof. Diese sollten den gestiegenen Ansprüchen an eine moderne Ausgestaltung gerecht werden, etwa mit möglichst direktem Perronzugang, Sicherheit und Witterungsschutz.
Direkte Velozubringerrouten sind somit wichtig, und hier besteht in der Schweiz noch viel Luft nach oben: So kamen die Studien-Autoren mittels umfassender Modellberechnungen zum Schluss, dass sich die Bike&Ride-Nutzung im Schnitt um 23 % erhöht, wenn die Siedlungsgebiete im Umkreis von 5 Kilometer um grössere Bahn-höfe über gute Zubringerrouten für Velos erschlossen werden.
Dabei hat etwa Olten mit seinen sternförmig ausgerichteten Bahnzubringer-routen, einer eher flachen Topografie und gutem Fernverkehrsangebot noch mehr Potenzial. Weniger Potenzial bestehe dagegen etwa in Montreux. Dort wirkten der See und die Hanglage als einschränkende Faktoren. Das Potential rund um die Ballungszentren der Städte Basel, Bern und Zürich wurde nicht genauer untersucht. Das Potential dürfte dort noch höher sein, die politischen Hürden aber auch.
Ein vergleichender Blick auf die Niederlande zeigt, dass die Kombination «Velo und Zug» mit gut 1,3 % einen viermal höheren Anteil hat als in der Schweiz. Eine Steigerung des Anteils von 1,3 % auf 3,7 % wäre gemäss einer niederländischen Studie möglich, da weitere Autofahrten auf Bike&Ride verlagert werden könnten. Dies bedingt allerdings, dass die Veloinfrastrukturen und der Komfort für die intermodale Reisekette weiter verbessert würden.
Die Schweiz ist in Bezug auf die Autonutzung vergleichbar mit den Niederlanden: Wie bei uns (49,5 %) werden auch dort gut die Hälfe (48 %) aller Inlandwege so zurückgelegt, und die Fahrtweitenverteilung ist ähnlich. Gemäss den EBP-Studienautoren Andreas Bühlmann und Thomas Özvegyi lässt dies den Schluss zu, dass es eine deutliche Attraktivierung der Kombination Velo und Bahn braucht, um in der Schweiz ähnliche Anteile zu erreichen.
Die geografische Lage von Montreux wirkt als einschränkender Faktor für Bike&Ride. Doch an vielen Orten in der Schweiz, ist die Ausgangslage für Bike&Ride gut. (Foto: Xavier von Erlach, Unsplash)
Ein Bike&Ride-Anteil von 3,7 % klingt nach wenig, hinter einer Infrastrukturverbesserung verbirgt sich aber massives Synergiepotenzial: Eine attraktive, sichere und direkt auf den Bahnhof ausgerichtete Veloinfrastruktur fördert nicht nur das ÖV-Pendeln, sondern auch den Veloverkehr innerhalb von Städten und Dörfern. Noch immer dominiert auf Kurzstrecken von zwei bis fünf Kilometern im Schweizer Pendlerverkehr das Auto mit einem Anteil von 44 %. Das könnten bessere Radwege zu den Bahnhöfen ändern, weil sie auch für Wege innerhalb von Städten und Dörfern genutzt werden können und der Bahnhof oft im Zentrum des Siedlungsgebietes liegt.
Ein Bike&Ride-Anteil von 3,7 % klingt nach wenig, hinter einer Infrastrukturverbesserung verbirgt sich aber massives Synergiepotenzial.
Die Kombination von Velo und Zug hat zudem Vorteile für das Klima. Laut einer Infras-Studie von 2021 im Auftrag des Bundes verursachten Klimaschäden des Verkehrs und damit mehrheitlich der private motorisierte Strassenverkehr mit 7 Milliarden Franken die höchsten Kosten. Mit einem Umstieg auf Bike&Ride könnte diese Belastung massiv reduziert werden.
Eine typische Reise mit Velo und Zug dauert zwischen 30 und 90 Minuten. Dabei wird eine Distanz zwischen 15 und 70 Kilometer zurückgelegt. Auf diesen Streckenlängen dominiert heute der Autoverkehr. Eine Steigerung der Attraktivität von Bike&Ride kann diese Autofahrten hin zu Velo und Bahn verlagern und einen Beitrag zur Reduktion der Kimabelastung leisten. Je länger die Autofahrt ist, die verhindert wird, desto grösser ist die Klimawirkung.
Es gibt aber auch Hindernisse bei der Förderung von Bike&Ride. «Es besteht das Risiko, dass zu wenig oder nur unattraktive Veloabstellanlagen realisiert werden», so die Autoren. Vielmehr müsste der Standard an den Bahnhöfen durchgehend für heutige Ansprüche optimiert werden.
Einen weiteren Knackpunkt sehen sie bei der Flächenumnutzung. Durchgängige, direkte Bahnhofszubringerrouten benötigen Platz. Platz, der heute (noch) meist dem motorisierten Individualverkehr vorbehalten ist. Ohne starken politischen Willen zur Förderung des Veloverkehrs gelingt eine Neuverteilung des Strassenraums nicht. Und selbst wenn sich politisch etwas tut, können lokaler Widerstand und Einsprachen zu Verzögerungen führen. Die vielen Rekurse gegen geplante Veloschnellrouten in der Stadt Zürich sprechen Bände.
Die Ziele des Bundes mit der «Roadmap Velo» eine Verdoppelung der Velokilometer und -wege bis 2035 zu erreichen, sind ambitiös. Neben der Umsetzung des Veloweggesetzes in den Kantonen und Städten kommt der Bahn-Velo-Kombination deshalb eine zentrale Bedeutung zu. Darum «ist es unabdinglich, diese intermodale Mobilitätsform im Gesamtverkehrssystem zu stärken und deutliche Verbesserungen der Bahnhofszubringerrouten und der Veloabstellanlagen an Bahnhöfen umzusetzen», so das Fazit der Studie.
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