Pete Mijnssen,
Chefredaktor
(pete.mijnssen@velojournal.ch)
14.09.2023
Das Bundesamt für Strassen hat ein Velofahrverbot zwischen Brunnen und Sisikon verhängt, trotz Protest. Wir machten uns ein Bild vor Ort.
Pete Mijnssen,
Chefredaktor
(pete.mijnssen@velojournal.ch)
14.09.2023
Machen wir uns nichts vor: Die Axenstrasse war auf diesem Abschnitt noch nie etwas für sensible Velo-Gemüter. Alle, die durch das Nadelöhr mussten, wissen von den engen Verhältnissen und dem ohrenbetäubenden Lärm in den Tunneln.
Zwar wurde ein Teil der Strecke für Velos und Zu-Fuss-Gehende vor fünf Jahren verbessert, und mit dem Ausbau der Axenstrasse sollen zwei Tunnels die jetzige Strecke entlasten.
Das allerdings wird erst in rund zehn Jahren der Fall sein. Alle Einsprachen wurden letztes Jahr vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen, der Bau ist gestartet.
Mit diesen Gedanken fährt der Redaktor an einem sonnigen Sommertag von Arth-Goldau Richtung Brunnen auf der Veloland-Route 71. In Brunnen kündigt ein Schild die Strassensperre an. Darunter sind die stündlichen Abfahrzeiten für den Velo-Gratis-Shuttle angeschlagen.
Die Erkundungsfahrt endet beim Wolfsprung (Abzweiger Morschach) mit einem Velo-Verbotsschild. Der Abschnitt auf dem schmalen Trottoir bis zum Sisikoner-Tunnel wird zu Fuss passiert, wo nochmals eine Tafel an das Velofahrverbot erinnert. Zu Fuss könnte der gut drei Kilometer lange Weg bis Sisikon legal zurückgelegt werden. Ab dort ist die Strecke für Velofahrende wieder offen.
Spuren der 1865 eröffneten Strecke von Brunnen nach Flüelen sind noch heute sichtbar. Die Strasse gilt als geniale Ingenieurleistung, mit «aus dem Fels gesprengten Passagen, Felsgalerien und einer mehrfach durchbrochenen Tunnelwand, die den Blick auf den See, Flüelen und das Reusstal freigibt».
Die Strecke wurde seit den 30er-Jahren sukzessive dem Verkehr angepasst. Damit ist nicht mehr viel übrig von den Zeiten, als Tourismus noch mit Abenteuer und Erleben verbunden wurde und nicht nur mit möglichst schnellem Fahren von A nach B (vorzugsweise in den Süden). Heute dominieren Lastwagen und ein endloser Verkehrsstrom. Immerhin hat das Bundesamt für Strassen (Astra) auf diesem Streckenabschnitt im Juni eine Temporeduktion auf 60 km/h erlassen.
Der Weckruf war ein tödlicher Unfall im Juli letzten Jahres, als ein Autofahrer beim Wolfsprung die Leitplanke durchschlagen hatte und nach 45 Metern Sturz in den Tiefen des Vierwaldstättersees ertrank. Heute erinnern daran noch ein vom Fahrtwind hin- und her gewirbelter, verwelkter Kranz und eine schwere Eisenabschrankung.
Der Velofahrer wünschte sich in Gedanken auch eine solch schnelle Sicherung seitens der Behörden nach Velounfällen. Abschrankungen! Temporeduktion! Da ist er aber schon am Shuttle-Verladeplatz, wo Herr Gisler mit dem Bus auf seine Kundschaft wartet.
Zwei Männer sind bereits da, einer mit einem Rennrad, der andere vollgepackt mit dem Tourenrad, ein Pärchen keucht noch den Berg hoch, um die Abfahrt nicht zu verpassen. Wohin gehts denn heute? «Von Buttisholz nach Rom», sagt mir der sportliche Mittfünziger-Tourenradler.
Gisler schätzt seine Passagiere auf durchschnittlich 50 Personen, das Astra spricht von bis zu 140 täglich im vergangenen Sommer. Der Chauffeur sagt, für schmale Rennräder sei der Streckenabschnitt ja noch machbar, aber mit Gepäck sei dort ein Kreuzen kaum möglich, geschweige denn sei er für Familien zumutbar. Deshalb hatte der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) als Folge des tödlichen Unfalls den Velotransport und die Temporeduktion postuliert.
Dennoch sind die Verkehrsverbände nicht zufrieden. Die Veloallianz Cycla, der auch der Touringclub und Swiss Cycling angehören, wurde vom Entscheid des Astra überrascht, was dieses dementiert: «Die Gemeinden und Verbände wurden vorgängig informiert», schreibt es auf Anfrage.
Somit steht Aussage gegen Aussage. Die jetzt getroffenen Massnahmen seien «Ergebnis von Sicherheitsmassnahmen bis zur Eröffnung der Neuen Axenstrasse». Dabei soll der Shuttle-Betrieb nicht infrage gestellt sein, die SBB wollen aber «kurz- und mittelfristig keine zusätzlichen Kapazitäten für den Veloverlad schaffen».
«Not amused» über die Massnahmen ist Jürg Buri von Pro Velo Schweiz. Es sei nur schwer zu akzeptieren, «dass das Astra auf dem Buckel der Velofahrenden derart radikale Lösungen verordnet». Tatsächlich sollen mit dem Verbot die Vulnerablen vor dem Primat Auto «geschützt» werden. Umgekehrt wäre das nur schwer vorstellbar und ist bisher ungehört.
Schweiz Mobil moniert, dass die auf der Axenstrasse verlaufenden nationalen Velorouten 3 und 4 nicht mehr durchgängig befahrbar sind. Man habe mit dem Astra und den Kantonen Schwyz und Uri seit Jahren immer wieder nach Lösungen gesucht, sagt Bruno Hirschi, Veloverantwortlicher bei Schweiz Mobil. Es sei nun vor allem wichtig, «dass der Druck hoch bleibt, die Verbindung nach der Eröffnung des Tunnels wieder uneingeschränkt anzubieten und die Strasse für den Langsamverkehr attraktiv zu machen».
Das Astra stellt in Aussicht, dass mit der Umgestaltung der heutigen Strecke «geprüft werden kann, ob gewisse Massnahmen vorgezogen und damit die Situation für die Velofahrenden am Axen verbessert werden kann». Die Öffnung für den autofreien Tag am Klausenpass am 10. September war ein positiver Fingerzeig.
Die Umweltverbände verlangen derweil, dass das Gratisangebot für Zweiradfahrende zwingend weiterzuführen sei. Auch die SBB seien in die Pflicht zu nehmen. Bis 2025 läuft die Frist, mit der die Kantone gemäss Veloweggesetz dazu verpflichtet sind, Lösungen für den Langsamverkehr zu präsentieren.
Auch an der Axenstrasse. Bis diese hoffentlich ganz für Velofahrerinnen und Fussgänger geöffnet wird, kann es noch dauern: Die Inbetriebnahme der Neuen Axenstrasse ist aktuell für 2033 geplant. Bis dann sind pragmatische und velofreundliche Lösungen gefragt. Hirschi spricht für alle, wenn er sagt: «Die Axenstrasse ist und bleibt ein ungelöstes Problem.»
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