«Rasende Velofahrer sind für Schulkinder viel gefährlicher als Autos.» Mit diesem Argument wehren sich Anwohnende seit fast zwei Jahren gegen die geplante Velovorzugsroute in Wollishofen. Mit der verbesserten Veloinfrastruktur werde der Schulweg für Kinder an der Kilchbergstrasse gefährlicher, heisst es. Die Wogen gingen so hoch, dass eine Einzelinitiative des Wollishofer Fritz Thomas Klein vom Kantonsrat überwiesen wurde. Sie will verbieten, dass Velovorzugsrouten an Schulhäusern vorbeiführen.
Gängige Statistiken und Fakten gehen vom Gegenteil aus. Mit den geplanten Velovorzugsrouten wird die Sicherheit der Schulkinder erhöht. Mit Tempo 30 und einer grundsätzlich vom motorisierten Verkehr befreiten Zone werden die grössten Gefahren für Kinder eliminiert. Kinder könnten auf sicheren Velowegen zur Schule gelangen und auch in der Freizeit von der verbesserten Veloinfrastruktur profitieren.
Die Statistik spricht eine deutliche Sprache
Laut dem Bundesamt für Strassen Astra wurden 2022 in der Schweiz 19 Menschen zu Fuss bei einer Kollision mit einem Auto getötet. Auch die meisten schweren Unfälle mit Zu-Fuss-Gehenden ereigneten sich mit Autos. Zwar gab es bei Zusammenstössen zwischen Velofahrenden und Personen zu Fuss auch Verletzte. Getötet wurde durch einen Zusammenstoss mit einem Velo 2022 aber niemand. In 70% aller Unfälle mit schweren Verletzungen zogen sich auch die Velo fahrenden Person Verletzungen zu. Autofahrende kommen in der Regel unverletzt davon.
«Mit den geplanten Velovorzugsrouten wird die Sicherheit der Schulkinder erhöht. Mit Tempo 30 und einer grundsätzlich vom motorisierten Verkehr befreiten Zone werden die grössten Gefahren für Kinder eliminiert.»
Kinder werden von Personen in Autos getötet
Der Tagesanzeiger wertete Ende April 2025 die polizeilich erfassten Unfalldaten zwischen Kindern und Autolenkenden für Zürich aus. Demnach verunfallen in der Stadt Zürich Kinder mehr als dreimal so häufig bei Kollisionen mit Motorfahrzeugen wie Autos, Lastwagen oder Motorrädern als mit Velos. Das Risiko, erheblich oder gar tödlich verletzt zu werden, ist dabei deutlich höher. In den vergangenen 10 Jahren kam es zu 167 Unfällen zwischen motorisierten Verkehrsteilnehmern und Kindern. In 23 Fällen kam es zu erheblichen Verletzungen der Kinder. Bei 3 Unfällen wurden die Kinder tragischerweise getötet.
Kinder nicht stärker betroffen
Im Vergleich dazu kollidierten 48 Velo fahrende Personen mit zu Fuss gehenden Kindern im Alter von maximal 12 Jahren. Sieben Kinder wurden durch den Zusammenstoss nicht verletz, 40 zogen sich leichte Blessuren zu. Der einzige Unfall, der zu erheblichen Verletzungen bei einem Kind führte, ereignete sich im Januar 2023 in einer Mischzone. Ein lebensbedrohlicher oder gar tödlicher Unfall zwischen Kindern und Velofahrenden gab es in der Stadt Zürich in den letzten zehn Jahren nicht.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird deutlich unter 30 Km/h liegen
Die Stadt plant, versetzt angeordnete Parkplätze auf der Fahrbahn und die Berliner Kissen zu entfernen, um Platz für das Velo zu schaffen. Allerdings wird die Durchschnittsgeschwindigkeit von Velofahrenden durch diese Massnahmen nicht automatisch sprunghaft auf 30 km/h und mehr schnellen. Die durchschnittliche Geschwindigkeit von Velofahrenden beträgt zwischen 10 und 22 km/h. Die mittlere Velofahr-Geschwindigkeit in der Schweiz liegt sogar nur bei 12,8 km/h.
Selbst in der Velovorzeigestadt Kopenhagen mit gut ausgebauter Veloinfrastruktur und grünen Velo-Wellen wurde 2022 mit einer mittleren Geschwindigkeit aller Velotypen – also auch E-Bikes – von nur 16,2 km/h geradelt. E-Bikes mit einer Tretunterstützung bis 25 Km/h können ausserdem 25 km/h mit laufendem Motor nicht überschreiten. Das Velo wird damit automatisch ausgebremst.
Tempolimits gelten auch für Velos
Für schnelle E-Bikes mit gelbem Nummernschild, die auf städtischem Grund ihr Geschwindigkeitspotenzial häufig nicht ausschöpfen können, gilt auf allen Velovorzugsrouten Tempo 30. Autofahrende, welche dennoch auf der Strecke fahren, werden ebenfalls mit dieser maximalen Geschwindigkeit unterwegs sein. Insgesamt ist durch die Velovorzugsroute zu erwarten, dass sich die durchschnittliche Geschwindigkeit auf der Strecke senkt. Besonders dann, wenn der Autoverkehr auf ein Minimum reduziert wird. Messungen der Stadt an der Mühlebachstrasse zeigen: 19 Prozent der Autofahrenden fuhren zu schnell durch die Tempo-30-Zone. Bei den Zweiradfahrenden waren es nur sechs Prozent.
«Kinder in ihrem Alltag zu schützen – egal ob zu Fuss oder auf dem Velo – sollte selbstverständlich sein. Die passende Infrastruktur dazu liefern die geplanten Velovorzugsrouten.»
Tschüss Parkplatz
Wer sich also um die Sicherheit der Kinder sorgt, müsste klar für das Velo und die Vorzugsrouten Stellung beziehen. Nicht nur, weil der gefährliche Autoverkehr verlangsamt und reduziert wird und somit auch das Unfallrisiko. Auch werden die Strassen durch den Parkplatzabbau deutlich übersichtlicher. Herannahende Verkehrsteilnehmer werden von den Kindern früher und besser gesehen, wenn keine Autos die Sicht versperren. Das gleiche gilt umgekehrt. Herumtollende Kinder tauchen nicht plötzlich zwischen parkierten Autos auf.
Es ist so einfach
Nicht genug betont werden kann: Das Velo ist ein essenzieller Bestandteil für die Erweiterung des Fortbewegungsradius im Kindesalter. Damit lernen die Jüngsten, selbstständig und unkompliziert von A nach B zu kommen.
Kinder in ihrem Alltag zu schützen – egal ob zu Fuss oder auf dem Velo – sollte deshalb selbstverständlich sein. Die passende Infrastruktur dazu liefern die geplanten Velovorzugsrouten.