Götterdämmerung für Big Oil

Die Ölkonzerne Shell und Exxon sind kürzlich spektakulär ins Rampenlicht gerückt. Klimaaktivistinnen zerrte in den Niederlanden Shell vor Gericht, Exxon geriet von eigenen Aktionärsgruppen unter Druck.

Pete Mijnssen ist Chefredaktor des Velojournals.

Pete Mijnssen, Chefredaktor (pete.mijnssen@velojournal.ch)
Blog, 01.06.2021

«Klimaaktivisten treiben die Ölkonzerne in die Enge», «Ein spektakuläres Klima-Urteil», «Gericht gibt australischen Klimaschützern recht» – so und ähnlich lauten die Schlagzeilen zu den Gerichtsurteilen aus den Niederlanden und Australien. Der Hintergrund: Klimaaktivistinnen und -aktivisten klagten den Erdölkonzern Shell ein, weil dieser nicht schnell genug seine Emissionen (nämlich 45 Prozent bis 2030) unter den Wert des Pariser Klima-Abkommens von 2019 drücken will.

Auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, über den Symbolgehalt ist man sich weitgehend einig: David hat gegen Goliath einen Sieg errungen. Der Riese wankt und ist nun gerichtlich dazu gezwungen, den C02-Ausstoss drastisch zu verringern.

Exxon unter Druck

Fast noch spektakulärer ist der Fall von Exxon. Ein aktivistischer Hedgefonds (Investitionsfonds) setzte mit anderen Anlegern durch, dass Klima-Sensibilisierte Fachpersonen Einsitz im Verwaltungsrat nehmen. Der Antrag erfolgte mit Zustimmung von grossen Investorengruppen wie Blackrock, dem grössten Vermögensverwalter der Welt. Sie haben für eine Veränderung gestimmt, weil sie die Leistungsbilanz der Chefetage infrage stellen – und wohl auch, weil sie ihre Felle davonschwimmen sehen.

«Bei Big Oil stehen die Zeichen auf Sturm»

Exxon war bis anhin stolz, so etwas wie ein Fossil der Ölindustrie zu sein. Mit dem nun zu beobachtenden Wandel zeigt sich, dass es mit der Ruhe der Ölmultis vorbei ist. «Bei Big Oil stehen die Zeichen auf Sturm», schreibt die «NZZ» und bezieht sich auf Prognosen, dass die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen dramatisch zurückgehen wird, weil in 15 Jahren keine Autos mehr mit Verbrennungsmotoren verkauft würden.

Auch wenn das Wirtschaftsblatt von der Zürcher Falkenstrasse etwas säuerlich kommentierte, dass «Klimajustiz nicht zielführend sei», konstatiert es trotz allem eine «Götterdämmerung für die grossen Erdöl- und Erdgaskonzerne».

Jugendliche zwingen Kohlemine in die Knie

Beim Kohleabbau geht es nur indirekt um die Autoindustrie, aber dafür umso mehr um das schädliche C02. Doch auch in Australien errangen Klimajugendliche einen symbolischen Sieg gegen den mächtigen Kohleproduzenten Whitehaven Coal. Ein Gericht in Melbourne entschied, dass beim Ausbau einer Kohlemine im Gliedstaat New South Wales auch die Gefahren und Schäden für Kinder und Jugendliche durch den Klimawandel in Betracht gezogen werden müssten.

Auch wenn die australische Regierung damit nicht aus dem Schneider ist; dieses Urteil hat Symbolkraft. Solche Urteile werden unter dem Druck der Klimakrise zunehmen.

«Wer Treibhausgase produziert und für Klimaschäden sorgt, soll dafür zahlen.»

Alle stehen in der Pflicht

In einem Aspekt sind sich alle einig: Wenn eine Änderung des Energiesystems geschehen soll, reicht es nicht, einige wenige Konzerne ins Visier zu nehmen. Wer Treibhausgase produziert und für Klimaschäden sorgt, soll dafür zahlen. Auch jede und jeder Einzelne muss seinen Teil dazu beitragen, unseren Planeten zu erhalten.


Für Hanspeter

Dieser Artikel ist meinem Freund und Energiespezialisten Hanspeter Guggenbühl gewidmet, der letzte Woche auf seinem Velo von einem Töfffahrer angefahren und tödlich verletzt wurde (Nachruf folgt).

Empfohlene Artikel

Video der Woche

Ein «Stall» für Velos

EU Deklaration zum Radfahren.
News

EU verabschiedet Deklaration zum Velofahren

Polnischer Zoll beschlagnahmt China E-Bikes.
News

Millionenhinterziehung mit E-Bikes aus China