Uster startet Velo-Feldversuch

Auf der Brandstrasse in Uster startete im April ein Verkehrsexperiment, das laut Strassenordnung nicht ganz erlaubt ist. Die Stadt erhofft sich dadurch Erkenntnisse für eine zukunftstaugliche Verkehrsplanung.

Julie Nielsen, Redaktorin (julie.nielsen@velojournal.ch)
News, 13.04.2021

Auf der Brandstrasse in Uster sind viele Velos unterwegs. Die Stadt im Zürcher Oberland wählte diese Strasse darum für einen Feldversuch aus.  Obwohl offiziell zu schmal, wird die rund sechs Meter breite Strasse jetzt neu von zwei gelben 1,5 Meter breiten Velostreifen gesäumt. Eigentlich wären Radstreifen dieser Breite erst bei einer Strassenbreite von 7,5 Metern und mehr zugelassen. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass zwei Autos einander sicher passieren können. Auf der Brandstrasse wird jetzt aber – in Übereinstimmung mit der Kantons- und Stadtpolizei ­– diese Vorschrift bewusst übertreten, um herauszufinden, ob das Modell Schule machen könnte. Da die Strasse nicht verbreitert werden kann, ohne Anwohnern einen Teil des Vordergartens abzuschneiden, wird jetzt überprüft, ob auch bei eigentlich zu engen Strassen eine Kernfahrbahn mit beidseitigem Veloweg umsetzbar ist.

Der Stadtrat und Bauvorsteher von Uster, Stefan Feldmann, freut sich über den Test und sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Mit diesem Testbetrieb wollen wir dem Veloverkehr in Uster neuen Schub verleihen.» Auch ist er überzeugt davon, dass eine positive Bilanz aus dem Testversuch gezogen werden könne. Entsprechend kann sich Feldmann gut vorstellen, dass das Prinzip auch im Stadtzentrum und anderswo angewendet werden kann. Velofahrende hätten dadurch Vortritt gegenüber Autofahrenden. Feldmann glaubt aber nicht, dass die neue Strassenaufteilung bei Autolenkenden für Verwirrung sorgen dürfte. «Die Regeln sind klar. Ein Auto darf auf dem Velostreifen fahren, wenn dort kein Velo ist. Wenn eines vorbei kommt, muss es ausweichen», erklärt Feldmann und meint ergänzend, dass alle Autofahrenden diese Vorschriften bei der Prüfung gelernt hätten und die entsprechende Kenntnis somit voraussetzbar sei. Um ein differenziertes Bild zu erhalten, wird das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden via Kamera überprüft. Autokennzeichen werden dabei aber nicht erfasst.

Im Kanton Zürich ist diese Art von Strassenaufteilung Neuland. Doch in anderen Ortschaften der Schweiz, wie zum Beispiel in Hergiswil, gibt es bereits ähnliche Versuche, die Früchte tragen. Dort wurde die Seestrasse in einem ersten Schritt zwischen Seehus und Glasi als Kernfahrbahn signalisiert. Jetzt soll die Strassenaufteilung in einem zweiten Schritt verlängert werden.

Gemäss Tagesanzeiger sind laut Feldmann erste Auswertungen aus Uster im Frühsommer zu erwarten. Danach wird sich zeigen, ob das Prinzip an der Brandstrasse langfristig angewendet wird und auch an anderen Stellen zum tragen kommt.

Die Kernfahrbahn hat folgende Vorteile:

Die Velostreifen geben den Veloahrerinnen und -fahrern im Verkehr einen erhöhten Schutz.

Da nur die Markierungen von Velo- und Mittelstreifen geändert werden müssen, ist die Kernfahrbahn eine effiziente und kostengünstige Massnahme.

Sofern Velofahrende nicht behindert werden, dürfen die Radstreifen auch von anderen Fahrzeugen befahren werden.

Wegen der fehlenden Mittellinie wird besser auf den Gegenverkehr geachtet, was – weitgehend unbewusst – bei den motorisierten Verkehrsteilnehmern zu einer gewissenhafteren Fahrweise führt.

Wenn Autofahrende aufmerksamer fahren, erhöht dies auch die Sicherheit für querende Personen zu Fuss.

Die generelle Verkehrsmenge ist von der Massnahme nicht beeinträchtigt, da sich abgesehen von der Strassenaufteilung für Autos nichts ändert.